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Kempinski Hunger und Durst Alle Historie Berlin www.friedrichstrasse.de
Kempinski
Friedrichstraße / Ecke Leipziger Straße
10117 Berlin
Unbenanntes Dokument
Als Handlungsreisender und Weinvertreter hatte Berthold Kempinski (1843 bis 1910) in Posen begonnen, dann eröffnete er eine Weinstube in Breslau. 1872 kam er nach Berlin, ließ sich erst in der Kronenstraße und danach in der Friedrichstraße/Ecke Wilhelmstraße nieder. Er offerierte zu vernünftigen Preisen Austern und Krebse und erfand (bei Damen beliebt) die "halbe Portion". Damit ließ sich so viel Vermögen häufen, dass er in der Leipziger Straße 25 einen der großzügigsten Unterhaltungstempel Europas bauen konnte. 1889 war Eröffnung des größten Amüsierbetriebes in Berlin, in dessen "Kaisersaal" 4000 Menschen hineinpassten. Das "Kempi" war Anlaufpunkt für die Schönen und die Schamlosen und auch für die Schlauen. Otto Brahm gründete dort mit Maximilian Harden (1861 bis 1927), Theodor Wolff (1868 bis 1943) und Samuel Fischer (1859 bis 1934) den Theaterverein Freie Bühne. Karl Kraus (1874 bis 1936) war der treueste Stammgast des Hauses.

Nicht nur, dass Kraus dort zwischen 1910 und 1932 exakt hundert Leseabende zelebrierte. Der Herausgeber der "Fackel" goutierte seine abendlichen Mahlzeiten und aß zum "Nachtmahl" ausschließlich gekochtes Rindfleisch mit Brühkartoffeln. Dazu ein helles Bier, dem flugs ein heißer gesüßter Mokka zu folgen hatte. Ernst Josef Aufricht spottete: "An seinem Tisch saßen männliche Begeisterungszofen". Alfred Kerr (1867 bis 1948), der Kritikerpapst, der neben sich nur noch seinen Hund Bello für gescheit genug erachtete, attackierte Kraus auf das Unflätigste. Doch der, als böhmischer Fabrikantensohn der gelangweilten Melancholie zugetan, attestierte seinem Widersacher angeekelt, dieser würde sich allein "durch die Nummerierung literarischer Fürze" auszeichnen. "Die Fackel" mit ihrem charakteristischen roten Umschlag erschien zwischen 1899 und 1936 in 922 Nummern. Seit 1911 duldete Karl Kraus neben sich keinen anderen Autoren. Er hielt sie allesamt für zu unbegabt, um seiner "Fackel" würdig zu sein.